Zukunft braucht Erinnerung

 

Das 1851 gegründete Unternehmen begann seine Produktion mit der Fertigung von Näh-, Stopf- und Packnadeln. Die auf der Rückseite der Oberen Mühle am Lünkerhohl 1888 errichtete Gebäudezeile als ältester Komplex des Unternehmens wurde bereits 1894 zunächst eingeschossig, dann mit einer Aufstockung um zwei weitere Stockwerke erweitert.

1934 entwarf der Architekt Brünninghaus das dreigeschossige Gebäude an der Oberen Mühle, dessen Breitenerstreckung durch einen siebenachsigen Mittelrisalit, je fünf flankierende Achsen und die Bänderung der Fenster- und Brüstungszone erzielt wird.
Dieser Neubau ist eines der wenigen in Iserlohn überhaupt errichteten Beispiele der Industrie-architektur dieser Zeit – Stichwort `Neues Bauen´ - und dokumentiert zudem auch eine Offenheit eines Iserlohner Fabrikanten für eine veränderte Architektursprache im Unterschied zu fast allen anderen Industriebauten im engeren zeitlichen Umfeld.

Nach jahrelangem Leerstand des gesamten Komplexes und erfolgloser Investorensuche stand ein Abbruch des Gebäudes im Rahmen einer Altlastensanierung trotz der Ausweisung als Kulturdenkmal bevor und konnte in letzter Minute verhindert werden.

Der Grund für eine mangelnde Wahrnehmung des architektonischen Wertes des Gebäudes ist auch in einer mangelnden Wertschätzung industrieller Architektur insgesamt wie vor allem gegenüber einem Vertreter der dreißiger Jahr (Industrie-)Architektur des letzten Jahrhunderts im Besonderen zu sehen.

 

Chronologie eines Beinahe-Denkmals:

Christophery - Fabrikgebäude Obere Mühle 21 – 29

  • Angaben nach Aussage von Frau Reck, LWL Münster, zuständig für Industriegebäude im MK

1985 - erstmaliger Hinweis vom Amt f. Denkmalpflege betr. Denkmalwürdigkeit des Fabrikgebäudes Obere Mühle an die Untere Denkmalbehörde Iserlohn

In der Zwischenzeit keine weitere Korrespondenz in den Unterlagen

2001 - Insolvenz Fa. Christophery

2005 - Aufforderung des LWL an die Untere Denkmalbehörde, die `Benehmensherstellung´ zur Eintragung des Fabrikgebäudes Obere Mühle in die Denkmalliste einzuleiten

2008 - Mitteilung der Unteren Denkmalbehörde an den LWL, wonach eingetretene Bauschäden am Gebäude eine Eintragung nicht mehr sinnvoll erscheinen lassen
Schließung der „Christophery – Akte“ beim LWL, Einstellung des Unterschutzstellungsverfahrens

Rücknahme der Aufforderung der Einleitung zur Benehmensherstellung zur Eintragung des Gebäudes
durch den LWL

2011 – Aufweis der architekturgeschichtlichen Bedeutung des Gebäudes in ` Georg Dehio, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler´, Bd. Nordrhein-Westfalen II, S. 506

2012 - Eigentumsübergang der Immobilien der ehem. Fa. Christophery auf die Stadt Iserlohn

2012 - Im Mai beschließt der Rat der Stadt Iserlohn den Abriss des Gebäudekomplexes mit dem Ziel, die frei werdende Fläche zu vermarkten.

2015 - Beschluss des Rates, das eingestürzte Dach im Gebäudeteil von 1934 provisorisch reparieren zu lassen.